2 8 . r N x i n a H Manchmal durchströmt mich dann so ein irres Glücksgefühl, das sich anfühlt, als machten sich glitzernde Sonnenstrahlen in mir breit, die krabbeln durch all mein Sein. Das passiert oft in der Natur, bei einem - oberflächlich betrachtet - gar nicht mal so atemberaubenden, aber mich unfassbar berührenden Anblick. Einem Geruch, dem Ächzen alter Bäume oder dem winzigen Geräusch von fallendem Laub, dem Abend- gesang der Vögel, einem kleinen Licht- strahl, der sich durch die Wolken zwängt, überragenden Farbkompositionen oder über mir hinwegziehenden Zugvögeln. Easy stuff einfach. Vollkommen unvollkommen, vergängliche Augenblicke. In solchen glückseligen Momenten denke ich: »Knips« und mache ein Seelen- foto. Das speichere ich dann ganz tief in mir ab und hole es bei Bedarf wieder raus. Richtige Fotos mache ich auch, wenn ich mich ganz unbedingt daran erinnern will. In schlechten Zeiten lässt es mich gedanklich zurückreisen in dieses Gefühl des tiefen Friedens und Glücks. Und ich feiere mein Handy, weil es mir jeden Tag kleine Filmchen aus mei- nen Fotos erstellt und mir eine Auswahl an Erinnerungen anzeigt. Heute übrigens dabei: mein Hund mit Partyhütchen auf dem Kopf. Ich verweigere mich Es gibt Dinge, mit denen ich mich nicht befassen möchte. Sie tun mir nicht gut, rauben mir Kraft, also spare ich sie aus. Das mag manch eine*r für kurzsichtig halten, ich möchte aber dennoch meine Energie nicht daran verschenken. Wenn ich keine Nachrichten sehen oder hören möchte, weil mich das ganz sicher nur völlig aus der Bahn wirft und mich ohnmächtig fühlen lässt, dann lasse ich es eben. Wenn ich spüre, dass ich nicht mehr zuhören kann, dann möchte ich das sagen dürfen. Es ist leider auch so, Segen und Fluch zugleich, dass ich sehr schlecht filtern kann. Alle Emotionen und so seltsames Zeugs wie »Schwingungen« prasseln un- gefiltert auf mich ein und setzen sich fest. Das hat sein Gutes, weil ich dadurch zwischen den Zeilen lesen und hören kann, aber es ist auch anstrengend. Also nehme ich mir die Freiheit, Krafträuber auszu- sperren. Das gelingt nicht immer so richtig umwerfend, wie ich das gern hätte, aber wenn ich mal groß bin, dann kann ich das. Das führt zum nächsten Punkt: Ich wachse noch Die bekloppte Idee, man wäre irgendwann mal »fertig« oder »vollkommen« oder ir- gendwo endgültig angekommen, die habe ich mir abgeschminkt. Und fühle mich damit leichter. Denn so bin ich milde(r) mit mir, wenn ich in einer Beta-Version bin, etwas versemmelt habe, unzufrieden mit mir oder gefühlt in meiner Entwicklung einen Schritt zurück gegangen bin. Das Gefühl von VERSAGEN bleibt dadurch aus. Sicher, ich habe große Momente des Zweifelns, die sind aber vergänglich und erträglich, wenn ich mich als wachsendes Wesen be- trachte. Hinzu kommt, dass ich mich immer weiter neu entdecke, andere Facetten sehe, neue Impulse spüre. Ich möchte mir offen halten, irgendwann einmal etwas ganz anderes zu tun als bisher. Mit 70 endlich Surfen lernen, obgleich es im Moment unmöglich scheint, da man dafür ja ins offene Meer muss. Aber ich lasse auch an den Haaren Herbeigezogenes als Möglichkeit bestehen und das fühlt sich herrlich lichtdurchflutet an. Inspirieren lassen Das Herrliche an der hohen Population auf unserem Planeten ist ja, dass da so viele unterschiedliche Menschen rumlaufen. Und so viele davon haben so unfassbar interessante Geschichten in ihrem Lebens- buch. Und ich red da nicht von den ganz Großen. Da gibt es so viel zu erfahren, aus Büchern, Podcasts, Filmen, ganz realen Gesprächen. In meinem Fall sind es die ganz kleinen, unbedeutend erscheinenden Nebensätze, die mich inspirieren und für eine Person schwärmen lassen. Die bren- nen sich ein in mir. Na schön, ich bin auch etwas vergesslich, daher schreibe ich sie fast immer auf. Hier liegen unzählige kleine Notiz- büchlein rum, in denen ich mir Sachen aufschreibe, die meine Seele zum Singen und mein Herz zum Hüpfen bringen. Worte oder Sätze, die mich inspirieren. Häufig auch Dinge, die ich längst weiß, die irgend- wie auch klar sind, aber immer wieder in Vergessenheit geraten Kommunizieren Das ist ein schönes Werkzeug, das ich immer wieder groß aufhänge, aber in sehr schlechten Phasen selber verweigere, wohl wissend, wie gut es tun würde. Ich habe nämlich ganz wunderbare Menschen in meinem Leben, die mir eine Räuberleiter machen, wenn ich nur sage, dass ich irgend- wo nicht dran komme. Dazu muss man ja nur das Maul aufmachen. Manchmal sagen sie nichts, hören einfach zu, und allein die Worte, die aus mir kommen, bringen Klarheit. Ich höre dann ja, was ich sage und verstehe es besser, wenn es vertont ist. So lange es nur in meinem Kopf wirbelt, unausgesprochen und verknotet, lastet es schwer. Wie gut tut es aber, es raus zu las- sen, wieder Platz zu schaffen in mir. Und dann, dafür liebe ich diese Menschen, sehe ich Verständnis in ihren Gesichtern, auch wenn sie es anders sehen, aber sie kennen mich und können einordnen, warum es so schwer wiegt. Vielleicht widersprechen sie mir und drehen dadurch meine Perspektive. Egal wie, es bringt Licht und Raum in mein Denken und tut einfach gut. Darf's ein bisschen mehr sein? Gut, hier noch ein paar weitere Licht- bringer: ICH MACHE OFT KOPFSTAND. Und ja, das kann jeder lernen. Wenn man sich auf den Kopf stellt, dann -oha- steht die Welt verkehrt herum. Und das ändert, glaubt es oder nicht, die Perspektive auch inner- lich. Keine Ahnung warum, les ich gleich mal nach, ob es da eine fundierte Erklärung dazu gibt. Fakt ist, es funktioniert, mir egal warum. ICH REDE MIR RICHTIGEN SCHEISS GERN SCHÖN. Ob das nun so ist oder nicht, wo sich eine Tür schließt, geht eine andere auf. Alles was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Wir wachsen an unseren Aufgaben. Glaub ich fest, weil es bisher immer irgend- wann so ausging, wenn ich durchgehalten habe. Selbst aus dem viel zu frühen Tod meiner Mama ist eines Tages etwas ent- standen, was mir Licht bringt. Das heißt nicht, dass ich sie nicht vermisse. Aber da ich es nicht ändern kann, schaue ich auf das, was daraus gewachsen ist. ICH SCHREIBE. Auch das kann jeder. Muss man ja nicht veröffentlichen. Und es gibt auch genug Zeug von mir, das ich für keinen Preis der Welt irgendwen anders als mich selbst lesen lassen würde. So. Jetzt muss ich lachen. Endorphine her. Licht an. ◆ WABI SABI 33